Sonntag, 18. Oktober 2015

Maurermeister: Die Deutsche Polizeigewerkschaft und die deutsche Grenze

Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, will um Deutschland einen Zaun bauen, wie er gestern der "Welt am Sonntag" sagte: "Wenn wir ernst gemeinte Grenzkontrollen durchführen wollen, müssen wir einen Zaun entlang der deutschen Grenze bauen. Ich bin dafür, dass wir das machen."
Findet racial profiling gut und will 12-Jährige ins Gefängnis stecken, die deutscheste aller deutschen Gewerkschaften.
Natürlich kann dies nicht überraschen. Zumindest nicht in einem Land, in dem CDU-CSU, SPD und die Grünen gemeinsam in ein und der selben Sitzung Vorratsdatenspeicherun erlaubt und das Asylrecht dafür abgeschafft haben. Die Grundrechte werden weiter abgebaut, die Menschenrechte zu den Akten gelegt. So sollen an den Grenzen sogenannte "Transitzonen" eingerichtet werden, also nichts anderes, als große Lager, in denen Flüchtlinge, die in unser Land kommen wollen, eingesperrt werden. 
http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/v_Dokumente_Dritter/melilla-prodein-jose-palazon.jpg
"Transitzone" in Melilla, Spanien. Quelle: ProAsyl



Doch zurecht erkennt  Wendt, für dessen "Gewerkschaft" Schwarze und Araber von vornherein verdächtig sind, dass Transitzonen alleine nicht ausreichen. Denn selbstverständlich wird sich kein Mensch freiwillig in diese Straflager einsperren lassen, sondern versuchen, die sogenannte grüne Grenze in die BRD zu überqueren.Um das zu verhindern braucht es Zäune, wie Ungarn sie errichtet hat und wie sie etwa die USA seit Jahr und Tag besitzt.

Grenze der USA zu Mexiko. Fast täglich werden hier Geflüchtete ermordet.
Wendt begründet diese Maßnahme wortreich, indem er auf den angeblichen Volkszorn (genmeint sind damit wohl die besser-verdienenden, sächsischen Vollhonks von PEGIDA und das übrige Nazigeschmeiß) verweist und erklärt, um diesen zu stillen, müssten solche Maßnahmen durchgesetzt werden. Was die Deutsche Polizeigewerkschaft also will, ist, dass unser Staat endgültig vor den Faschisten, den Neonazis einknickt. Anstatt für die "Demokratie" (was immer das noch sein soll) zu kämpfen, soll dem braunen Mob nachgegeben werden.
Dies ist an sich schon skandalös. Aber nichts neues, argumentiert doch auch die CSU ähnlich.
Skandalöser ist, was Wendt verschweigt: Ein Grenzzaun funktioniert nicht für sich allein, ohne, dass er "geschützt" wird. Er braucht Bewacher, die Menschen daran hindern, ihn zu überqueren. Und wie macht man das? Mit Gewalt! Mit Gummiknüppel, mit Tasern und mit Kugeln. Ein Grenzzaun bedeutet unweigerlich, dass früher oder später Menschen erschoßen werden.
In den USA sterben an der Grenze zu Mexiko jedes Jahr Aberhunderte.
Wendt spricht nicht davon, aber kein Zweifel: Er und seine Organisation billigen dies stillschweigend, genauso wie all die anderen "Demokraten" in CSU, CDU und womöglich SPD, die (genauso wie die Grünen) bis dato jeder Asylrechtsverschärfung zustimmten. Noch mag das alles nicht in trockenen Tüchern sein, doch wer weiß, wann die "Sachzwänge" so groß werden, dass die Politik unter einer Kanzlerin, die so sehr von der Zivilgesellschaft abgefeiert wurde, für ihre angebliche "Menschlichkeit", auch diese Maßnahme umsetzen wird.Deutlich wird aber an dieser Debatte bereits eines: Die Millionen Menschen, die es in ihren Ländern nicht mehr aushalten, weil sie von deutschen Soldaten ermordet werden, weil Deutschland Rebellen oder Regierungen mit Waffen und Foltergerät ausstaffiert, weil die deutsche Wirtschaft an ihrem Elend verdient, die haben in diesem Land mit nichts zu rechnen. Unsere Kapitalisten wurden reich, an ihrer Armut, und nun sperrt unsere Regierung sie weg und macht sich bereit, sie an unseren Grenzen zu töten.
Gremliza schrieb in der aktuellen konkret dazu: "Sie fliehen vor uns und zu uns". Ergänzend möchte man hinzufügen: "Und von uns werden sie umgebracht."
(Genosse Basalt)

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Armes Ingolstadt (I): Gedanken zur Tafel

Ingolstadt: Reich, keine Arbeitslosen, alles super. Das zumindest ist das Bild, das unsere Stadtoberen, das OB Lösel und Co gerne von der Schanz zeichnen. Gerade wir Jugendlichen wissen, dass das nicht stimmt. Unbezahlbare Mieten, überteuerte Buspreise, Verfall  in der Innenstadt ist die Realität, die wir tagtäglich erleben. Deswegen wollen wir, in der losen Reihe "Armes Ingolstadt", Eindrücke sammeln, die zeigen, wie diese Stadt für die ärmere Hälfte der Bevölkerung wirklich ist.



Wir beginnen mit einem rein subjektiven Erlebnisbericht:

Gedanken zur Tafel


Ein übler, regnerischer Herbstmorgen. Gedankenverloren bin ich in der beängstigend leeren Innenstadt unterwegs, als ich urplötzlich in der Proviantstraße auf einen großen Menschenauflauf treffe. Rentner, alte Omas, junge Mütter mit Babys auf dem Arm, gut gekleidete Herren und auch ein paar abgerissene Existenzen. Insgesamt mögen es wohl 300 Leute gewesen sein. Eine recht ungleiche Masse aus Menschen, die nur eint, dass alle Taschen, Plastiktüten oder Jutebeutel dabei haben.
Offenbar stehen sie Schlange um in ein Gebäude zu kommen, aus dem dann und wann jemand mit einer vollen Plastiktüte wieder herauskommt.
Ich brauche einen Moment um zu begreifen, was ich hier grade sehe.
Diese Menschenmasse steht Schlange vor der Ingolstädter Tafel. All die vielen Menschen, junge wie alte, stehen an, um Essen zu erhalten. 
Und mir kommt die offensichtliche Frage in den Sinn:
Wie kann es sein, dass im reichen Deutschland und im noch reicheren Ingolstadt so viele Menschen Schlange stehen müssen, für ein bisschen Essen, das gnädigerweise von Bessergestellten gespendet wird?
Sicher, objektiv sind mir die Gründe dafür klar: Da ist Hartz IV, das Millionen ins Elend gestürzt hat, da sind 450-Euro-Jobs, da sind Werksverträge, da sind die ungeheuer hohen Ingolstädter Lebenshaltungskosten, die Rente, Stütze oder Lohn auffressen. Kurz und schlecht: Da sind die kapitalistischen Verhältnisse, die Wohlstand nur für wenige und Elend für die allermeisten bedeuten.
Und so sind auch in Ingolstadt, einer Stadt in der es unter anderen, nämlich sozialistischen Bedingungen jedem gut gehen könnte, an diesem Morgen 300 oder mehr gezwungen, sich Brotkrumen vom Tisch der Reichen zu erbetteln. Der Staat lässt sie im Stich  und die Stadt, in ihren Selbstdarstellungen mit ihren provinziellen Reklamebildchen von Kongresshotel, Audi und Bürgermeistern, die sich als Stadtmanager im feisnten Zwirn präsentieren, verschweigt sie. Ja, sie selbst schweigen, während sie so stumm da anstehen und warten.
Ihr Schweigen zu brechen und sie wieder brüllen zu lassen, das ist unsere Aufgabe.
Und dann wird es vielleicht möglich sein, ein Ingolstadt aufzubauen, das nicht den Reichen, den zugereißten Audi-Managern gehört, sondern sozial und solidarisch ist.


Dienstag, 13. Oktober 2015

Neoliberale Märchenstunde: Zur Verunglimpfung der Proteste gegen TTIP

Seltsame Querfront: Von Jutta Dittfurth über Antideutsche bis hin zu BZ-Schupelius und der "Achse des Guten": Alle fest vereint in der Überzeugung, dass Protest gegen TTIP im Grunde nationalistisch ist

250.000 Menschen demonstrierten am 10.10. in Berlin gegen TTIP.
250.000, eine beeindruckende Zahl in einem an sich apolitischen Land, die verdeutlicht, was alle Umfragen zeigen: Die deutsche Bevölkerung ist gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA.
Klar, dass das die bürgerliche Presse nicht auf sich beruhen lassen kann. Nachdem die Redaktionen von Spiegel bis zu den "antideutschen" Ruhrbaronen über Jahr und Tag TTIP verteidigten, durften sie diesen Affront, dass eine Mehrheit ihnen nicht blindlings folgt, nicht auf sich sitzen lassen. Und was läge da näher, als zu versuchen einen Protest, den man ob seiner schieren Größe nicht verschweigen kann, schlicht zu diffamieren.
Und so legt die bürgerliche Journaille, kräftig sekundiert von Reformlinken und "Antideutschen" aller Couleur,(1) los und erklärt schlicht und ergreifend die TTIP-Demo zu einer Manifestation von Nationalisten und provinziellen Antiamerikanern.
Natürlich: Rechte und Wahnwichtel beteiligten sich an dieser Demo. Es war ein unverzeihlicher Fehler, dass die Ordner etwa den Block der Identitären nicht der Demo verwiesen, dies muss, fraglos, kritisiert werden.
Wahr ist aber auch, dass sich die RednerInnen stets vom Antiamerikanismus und nationalistischen Ressentiments distanzierten. Es sprachen so unter anderem auch VertreterInnen der us-amerikanischen, kanadischen und kamerunischen Arbeiterschaft, die gemeinsam mit ihren deutschen Konterparts eines klar machten: Wir sind nicht gegen Amerikaner oder "die USA", weil wir gegen TTIP sind. Sondern, wir sind gegen TTIP, weil wir um unsere demokratischen Rechte, um die Sozialstandards fürchten. Von Nationalismus, der in der Tat manchmal in TTIP-Aktionen aufkommt, wenn Organisationen oder Personen meinen "unseren" Markt gegen böse US-Konzerne verteidigen zu müssen, war nichts zu spüren oder zu hören.
Und so waren die Mahnwichtel und Rechten eine verschwindend geringe Gruppe unter einer Masse an Demonstraten, die mit Jubel ihre Solidarität mit den us-amerikanischen Arbeitern ausdrückte.
Doch solche Kleinigkeiten sind den journalistischen Verteidigern von TTIP egal. Ihnen gilt der Neoliberalismus, dessen reinster Ausdruck TTIP ist, alles, Demokratie und Grundrechte nichts. Die Diktatur der Konzerne, die die ganze Welt affektieren und letztlich die Situation der allermeisten negativ verändern wird, ist für diese Redakteure Ausdruck der westlichen Zivilisation. Blindlings setzen sie Kapitalismus mit Fortschritt und Demokratie gleich. (2)
Und so wird uns TTIP-GegnerInnen das eine Märchen aufgetischt, wir seien in Wahrheit rechts, nationalistisch, demokratiefeindlich. Nicht so sehr weil, was sich nun einmal nicht verhindern lässt, Spinner in der Demo mitgelaufen wären. Dies lässt sich kaum vermeiden, und jene Antideutschen, die nun Querfront rufen, haben selbst oft genug mit Faschisten demonstriert.
Querfront for real

Nein, was uns in den Augen all der Apologeten von TTIP unerträglich und damit zu Protofaschisten macht, ist die Tatsache, dass der TTIP-Protest in seinem Kern antikapitalistisch ist. TTIP, selbst im DGB scheint sich das langsam rumzusprechen, ist notwendige Folge der imperialistischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte, ist Folge der sich verschärfenden Krise des Kapitals. Im Protest gegen TTIP artikuliert sich damit auch eine Opposition gegen das kapitalistische System an sich, so unbewusst und unentwickelt sie auch noch sein mag und hat damit zumindest das Potential, über das bestehende System hinauszuweisen.
Doch nichts können die bürgerlichen Kräfte, von der Achse des Guten bis zu den Ruhrbaronen, mehr fürchten, als eine antikapitalistische Massenbewegung in Europa. Denn Kapitalismus das ist für sie, in bester Schule von Milton Friedman, Demokratie. 
Und so hetzen sie gegen uns, wollen die Bewegung spalten und verhindern, dass die progressiven Kräfte auf die Anti-TTIP-Bewegung Einfluss nehmen.
Und daher dürfen wir die Märchentanten und Onkel nicht weiter ernst nehmen: Strafen wir sie Lügen, indem wir, die progressiven Kräfte, wir Kommunisten und Sozialisten, weiter auf die Anti-TTIP-Proteste einwirken, sie organisieren. Entziehen wir so den Rechten und Verrückten, die es jetzt leider tatsächlich innerhalb dieser Bewegung gibt,  den Boden, indem wir die antikapitalistischen Elemente des Protests vertiefen und uns konsequent gegen Antiamerikanismus und Natioanlismus stellen. Nutzen wir die Energie und Kraft dieser Bewegung, um den deutschen Imperialismus, um den bürgerlichen Staat selbst infrage zu stellen und für die echte Demokratie, die es nur im Sozialismus geben kann zu kämpfen! 

Genosse Basalt

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(1) Antideutsch sind Seiten wie "Aluhut für Ken" oder "Ruhrbarone" nur deswegen zu nennen, weil dies im Szenesprech üblich ist. Immer wieder erweist sich, dass diese Leutchen in Wahrheit kein Problem mit dem deutschen Imperialismus haben, mit Linken,. Proleten oder gar Arabern dagegen schon eher.
(2) Schupelius in der BZ: "Eigentlich müsste die ganze Welt eine Freihandelszone werden, die scheitert an den vielen Diktaturen und unfreien Systemen. Die EU und damit auch unser Land kann sich auf Dauer nur im Verbund mit den USA im Welthandel behaupten. TTIP würde außerdem das westliche Bündnis stärken. Wir in Berlin wissen sehr genau, wie wichtig dieses Bündnis ist, um Freiheit und Demokratie zu verteidigen."

Sonntag, 11. Oktober 2015

Hunderttausende gegen TTIP



Am 10.10.2015 fand in Berlin eine Massendemonstration gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA statt. Für die kämpfende Jugend war eine Delegation aus Ingolstadt dabei. Das ist unser Bericht:

Ein Strom aus Leibern: Eindrücke aus dem Widerstand
Hunderttausende Menschen bewegen sich über den Washingtonplatz vorm Hauptbahnhof Berlins. Eine einzige Masse aus Menschen, ein Strom von Leibern. Von der Bühne tönen Reden und Musik von allen Ecken aus der Demo. Rote Fahnen wehen in dichten Trauben irgendwo am anderen Ende des Platzes, hier und da sieht man grüne Banner von Umweltschutzaktivisten. Ein jugendlicher Hippie mit Rastalocken läuft barfuß neben mir, reicht einen Joint herum und spricht über seine Beweggründe heute hier in Berlin zu sein. Vor ihm marschiert ein alter Gewerkschafter mit DGB-Mütze und schreit genauso enthusiastisch „Stopp TTIP“ wie seine Nebenfrau, eine kaum 20jährige Kommunistin mit Hammer und Sichel auf der Roten Fahne der sehr coolen Organisation Jugend Widerstand.

Hunderttausende sagen nein zu TTIP!
Eindrücke von der Demonstration gegen TTIP in Berlin am vergangenen Samstag, die sicher die größte Demo war, an der ich bisher teilgenommen habe. Aus der gesamten BRD und annektierter DDR waren Leute gekommen: Alte und Junge, Arbeiter, Bauern, Ärzte, Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialisten, Anarchisten. Manche hatten selbstgebastelte Schilder dabei, andere zeigten die Embleme ihrer Organisation und alle setzen sie ein machtvolles Zeichen: Wir wollen kein TTIP, wir wollen uns unsere demokratischen Rechte nicht nehmen lassen.
Wie viele andere auch nutzten wir dabei den Service des DGB (dem explizit dafür zu danken ist!) und fuhren in kostenlosen Bussen in aller Herrgottsfrüh nach Berlin um unserem Anliegen Ausdruck zu verleihen. Schon im Bus überraschte mich die Vielfalt der TTIP-Gegner: Einfache Arbeiter, Großbauern, Ingenieure und sogar Familien mit Kindern, sie alle taten sich die Gewalttour an, waren 24 Stunden auf den Beinen, um Widerstand gegen das „Freihandelsabkommen“ zu zeigen. Und keiner bereute es, waren wir doch schon beim Aussteigen von der schieren Masse an Menschen überwältigt und begeistert. Dass so viele Leute unterwegs waren, dass zeitweise sogar der Hauptbahnhof gesperrt war und die Polizei sich schlicht und ergreifend vom Acker machte (ich sah kaum 20 verängstigte Polizisten auf der Demo) spricht für sich. Ein klares Zeichen des Volks gegen TTIP.

Der Protest gegen TTIP ist internationalistisch
Dass dabei der Protest internationalistisch und nicht dumpf anti-amerikanisch war, ist bei dieser Situation umso erfreulicher. So sprachen etwa Gewerkschaftsvertreter aus Kanada, Kamerun und den USA auf der Hauptbühne und auf der Schlusskundgebung an der Siegessäule und machten klar, dass Millionen us-amerikanischer und kanadischer Arbeiter auf Seiten der Demonstranten stehen. „TTIP nimmt uns genauso wie euch die demokratischen Rechte!“ meinte ein us-amerikanischer Kollege, dessen Rede die beste an diesem Tag gewesen sein dürfte. Unter dem Jubel der Menge (und teilweise ohne Übersetzung) forderte er den internationalen Widerstand gegen die Monopolkonzerne und den Kapitalismus und berichtete von den Massendemonstrationen auf dem amerikanischen Kontinent. Ein schönes Zeichen, zeigt es doch, dass wir TTIP durchaus dagegen nutzen können, unseren Widerstand international aufzustellen und uns mit anderen Widerstandsbewegungen auf dem Globus besser zu verbinden.
True Story
 Die Reden der deutschen Organisationen fielen dem gegenüber ab. Eine Gesine Schwan (mir ist unklar, warum man die hat reden lassen) forderte unter Buh-Rufen, TTIP ergebnisoffen weiter zu verhandeln, attac machte sich für mehr Welthandel stark, Gewerkschaften spielten Bedenkenträger. Da ist es schon bezeichnend, dass sich auch Gewerkschafter vielmehr für die Reden der Genossen diverser radikaler Verbände begeisterten, die während der Demo über Megaphone zum Generalstreik aufriefen, für den Fall, dass TTIP durchkommen sollte.
Neben den (meisten) deutsch-sprachigen Reden war für mich dabei ein Wermutstropfen, dass leider auch einige Spinner auf der Demo mit dabei waren. Nun lässt sich dies bei 250.000 Menschen oder mehr wohl kaum vermeiden, dass bspw. Banner, die Freigeld forderten oder Leute mit Paranoia vor Freimaurern (ich durfte miterleben, wie ein Kollege von einem älteren Herrn mit dem Krückstock geschlagen wurde, weil er jenen für einen Illuminaten hielt) aufkreuzen. Positiv kann allerdings vermerkt werden, dass diese Wahnwichtel nicht nur von der Bühne von einem Kabarettisten, dessen Name mir leider entfallen ist, verarscht sondern auch aus der Demo recht schnell „verdrängt“ wurden. Die Anzahl der vernünftigen Menschen, der Refugees-Welcome Sticker und der roten Fahnen überwog deutlich.

Was bleibt
Natürlich, auch wenn wir zufrieden, ja enthusiastisch die Heimreise antraten. Allen war klar: Ändern wird auch dieser Protest erst einmal nichts. Vor 30 Jahren waren mehr Menschen auf den Beinen, als es darum ging, die Pershing-2 Raketen zu verhindern. Und scheiterten dennoch. Auch jetzt steht zu befürchten, dass die Regierung ein, zwei Scheinzugeständnisse machen wird, um den Widerstandswillen zu brechen und TTIP so dennoch durch zu bekommen. Daher wird es die Aufgaben von Kommunisten und Sozialisten nun sein, den Schwung der Bewegung auszunutzen, über TTIP aufzuklären und den Widerstand lokal weiter zu tragen.
Presseclowns? Die Mitdemonstranten waren tw. sehr kreativ
 Denn die Propaganda-Maschine läuft schon: Gabriel ließ eine ganzseitige Anzeige in diversen Tageszeitungen drucken, um mit Lügen die Wählerschaft von TTIP zu überzeugen. Und die Journaille hetzt wie gewohnt, nennt den Protest hysterisch oder gar nationalistisch. Die Redakteure, in ihren mittelmäßigen, neoliberalen Denkschemata verfangen oder einfach ihren Arbeitgebern verpflichtet, ignorieren den Protest oder schreiben ihn klein (die ARD berichtete erst nur von 10.000 Demonstranten, korrigierte irgendwann diese Zahl). In der bürgerlichen Presse finden sich so in jedem Bericht über TTIP lange und ausführliche Stellungnahmen der Befürworter des Abkommens, während der Demonstration wenig Raum gegeben wird.
Es wird also nötig, gegen den Widerstand der Medien und der Politik den Widerstand von unten zu organisieren!
Gehen wir es an!

[Basalt]


Montag, 5. Oktober 2015

"Ich spazierte durch die Revolution": Oskar Maria Graf und die Bayerische Räterevolution

Bericht vom Vortrag vom 3.10.2015 auf dem Plenum der KJI
 
"Bayern, des samma mia!"
Ein Satz, wie man ihm aus der bier-feuchten Kehle jedes JU-yuppies in Lederhosen hören könnte.
Bayern, wie es sein sollte.
Bayern, so die einfach Gleichung der Ober-reaktionäre, die bedauerlicheweise unser Land führen, das ist Herdprämie, Oktoberfest und natürlich, CSU.
Jedoch, und nun, liebe rechten Stammtischbrüder stark sein, dummerweise entstand der Freistaat Bayern aus einer sozialistischen Revolution.
In der Nacht vom 7. auf den 8. November 1918 besetzten nämlich Arbeiter unter der Führung von Kurt Eisner die Kasernen in München und riefen die Republik aus. Eine sozialistische Republik. Am Morgen des 8. November war der König schon vertrieben und der Sozialist Eisner Ministerpräsident. Man plante schon Verstaatlichung des Grund und Bodens, diskutierte über die Einführung der Planwirtschaft in der Staatskanzlei und sendete Lenin Gruptelegramme nach Russland.
Bayern war, im Herbst 1918, die einzige Region Mitteleuropas, in der sich die sozialistische Revolution durchzusetzen schien.
https://www.fes.de/archiv/adsd_neu/inhalt/stichwort/img/FB011575.jpg
Bayern, des san ma mia! So sah München am 8. November 1918 aus.
Doch lange währte unser Glück nicht: Die SPD, nach außen hin radikal (so wie ein Herr Tsipras heute) hintertrieb die Sache der Revolutionäre und die Reaktion, die Kapitalisten und die ganze Kleinbürgerschar, also jene, die später Hitler aufbauen sollten, machten mit. Am 21. Februar 1919 erschoß der Student Graf von Arco auf Valley, ein Rechter wie er im Buche steht, Kurt Eisner.
Darauf brach die zweite Phase der Revolution los: In allen Städten Bayerns erhoben sich die Arbeiter und Soldaten und riefen die Räterepublik aus: Sie wollten endgültig mit dem Kapitalismus und dem Staat brechen und eine Gesellschaft schaffen, in der alle partizipieren konnten. Doch sie hatten die Rechnung ohne die SPD gemacht: Diese bildete sofort eine "Regierung" in Bamberg, und bekämpfte mit dem Militär und den Freikorps-Einheiten (aus denen später die SA wurde) die Revolution:
Bis zum 2. Mai konnten sich die Kommunisten in München halten. Doch der Widerstand der bayerischen Roten Armee wurde gebrochen, München fiel und mit ihr die Räterepublik. Abertausende Genossinnen und Genossen wurden ermordet, zu Tode gefoltert von Kleinbürgern und Sozialdemokraten. In der Folge wurde alle Linken aus München vertrieben, das einst rote München wurde zur Keimzelle des Nazi-faschismus.

http://www.oskarmariagraf.de/data/img/img_bio_1/1958_1.jpg
Oskar Maria Graf war in seinem Leben einer von uns: Antifaschist, Revolutionär, Sozialist
 Wie kein anderer erzählt  Oskar Maria Graf von der Geschichte der Bayerischen Räterevolution. Ihr hat der Dichter vom Starnberger-See mit seinem Roman Wir sind Gefangene ein Denkmal gesetzt. In diesem Roman berichtet Graf, der nicht nur Zeitzeuge sondern mit allen wichtigen Akteuren der Arbeiterbewegung dieser Tage bekannt war, z.B. mit Mühsam, Landauer, Lenin, Radek oder auch Brecht, von seinen Erfahrungen als überzeugter Antimilitarist und Revolutionär während des 1. Weltkrieges und der Räterevolution. Dieser Roman zeigt, wie Genosse Schuller in seinem Vortrag darlegte, eines genau: Bayern, das ist nicht nur CSU und Reaktion, es gibt und gab ein anderes, revolutionäres Bayern. Jeder Revolutionär, jeder Kommunist darf getrost sagen: 'Bayern, des san ma mia!' "


 Zeitstrahl der bayerischen Räterevolution:




ab ca. 1900                        In München bilden sich revolutionäre Gruppen, wie die Gruppe                                                          Tat.
ab 1916                                  Im Untergrund organisieren Kurt Eisner und andere, aus der SPD        ausgeschlossene die USPD und pazifistische Zirkel.
7./8. Nov. 1918                   Revolution in Bayern: König Ludwig III abgesetzt, Kurt Eisner Ministerpräsident.
21. Feb. 1919                          Kurt Eisner wird vom Studenten Graf von Arco auf Valley ermordet. In München kommt es zum Generalstreik und zu heftigen Auseinandersetzungen; die Bevölkerung drängt auf die Einführung einer Räterepublik.
7. Apr. 1919                            Die SPD-Regierung ist vertrieben, die Räterepublik ausgerufen, die defacto allerdings nur Oberbayern und Teile Schwabens kontrolliert. Staatschef wird Gustav Landauer.
14. Apr. 1919                          Die SPD-Regierung in Bamberg versucht die Räterepublik durch einen Putsch gewaltsam niederzuschlagen.           Das kann gerade noch verhindert werden. im Anschluss wird der Zentralrat neu besetzt, die Kommunisten kommen an die Macht.
bis. 2.Mai.1919                      Heftige Kämpfe zwischen Roter Armee und Freikorps-einheiten (aus denen später die SA entstand). Am Ende gelingt es den vereinten Kräften von Militär und Freikorpssoldaten, die Räterepublik niederzuwerfen. Tausende politischer Aktivisten kommen ums Leben, die meisten werden illegal und ohne Prozess zu Tode gefoltert.

Oskar Maria Grafs wichtigste Werke:

- Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis. (1927). München: List-Verlag, 2008.

- Bolwieser. (1931). München: List-Verlag, 2009.
- Anton Sittinger. (1937). München: List-Verlag, 2011.
- Das Leben meiner Mutter.(1940). München: List-Verlag, 2009.
- Flucht ins Mittelmäßige. (1949). München: List-Verlag, 1994.
- Er nannte sich Banscho. (1964). München, List-Verlag, 1998 


Sonntag, 4. Oktober 2015

Ingolstadt gegen Polizeigewalt und Repression



Am 3.Oktober 2015 demonstrierte ein Bündnis aus LaRa und verschiedenen Fanorganisationen des FCI und ERCI gegen Polizeigewalt. Auch die Kämpfende Jugend nahm an der mit 150 Teilnehmern sehr gut besuchten Demo teil und nutzte sie auch, um auf die größere, politische Dimension des 3. Oktobers, nämlich die Annexion der DDR aufmerksam zu machen. Dies sind unsere Eindrücke von der Demo:
Fronttranspi der Demo

"No nation, no border-stop law and order!"
Aus mehr aus 150 Kehlen schreit eine klare Botschaft an diesem Herbstabend durch Ingolstadts Straßen: Schluss mit der Polizeigewalt, die in Bayern leider immer alltäglicher wird und jeden treffen kann. Das zeigt schon die Breite des Demobündnisses, dem neben LaRa, als einziger politischer Gruppe, die Fanszenen Ingolstadts angehörten. Denn gerade Fans, ob Fußball oder Eishockey, erleben immer wieder Polizeiwillkür, gelten doch Stadien längst als die Versuchskaninchen des Überwachungsstaats von morgen.
Und so wurde auf der Demo auch der Fall eines Fans aus Bamberg thematisiert, der nicht nur Gewalt durch einen Ingolstädter Polizisten erfahren hat, sondern dem die Polizei durch gezielte Falschaussagen fast sein Leben ruiniert hätte. Natürlich flog der betreffende Ingolstädter Polizist nicht aus dem Polizeidienst.
Dass es für Polizei und Justiz normal geworden ist, Gesetze und Gerichtsurteile zu missachten, das kennen antifaschistische Aktivisten zur Genüge. Wer erinnert sich nicht, an den Jugendpfarrer König, den Falschaussagen durch Polizisten fast hinter Gitter gebracht hätten? Genauso gut könnte man über die Genossen Paul udn Valentin sprechen, die rechtswidrig in U-haft festgelegt werden. Oder über die staatliche Verfolgung der FdJ.
All diese und noch mehr Fälle von (struktureller) Polizeigewalt und Repression wurden auf der Demo aufgezählt: Die grundgesetzwidrige Praxis des racial profiling genauso wie die (mutmaßliche) Ermordung von Oury Jallho und die Schicksal von ungezählten Einzelpersonen, wie dem Genossen Phillip Müller, den Polizisten erschoßen, weil ihnen seine politische Meinung nicht passte.
Und die Ingolstädter interessierten sich, für diese Fakten: Zahlreich schloßen sich Passantinnen und Passanten spontan der Demonstration an und berichteten von ihren persönlichen Erfahrungen mit Polizeigewalt. Traurig, wie viele Menschen in diesem Recht(s)staat Gewalt und Repression durch die Polizei erfahren. Und nicht verwunderlich, dass alle den einfachen und keineswegs radikalen Forderungen, die auf der Demo aufgestellt wurden, zustimmten: Ende grundgesetzwidriger Polizeimaßnahmen, wie racial profiling oder illegales Abfilmen von Demonstrationen; Kennzeichnungspflicht für Polizisten; Einführung einer unabhängigen Ermittlungsstelle gegen Polizeigewalt.



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Das Fronttranspi.
Leider versäumte es die Demonstration dabei, neben diesen Forderungen und der Darstellung von Einzelfällen, auf den systemischen Hintergrund, von Polizeigewalt einzugehen. Das ist umso problematischer, als dass der 3. Oktober der Jahrestag der Annexion der DDR war, zu dem leider kein Wort, bis auf einzelne Interventionen durch die Kämpfende Jugend, gesagt wurde. Dabei hat gerade der Umbau der BRD nach 1990 zu einer neuen, imperialistischen Großmacht, sehr viel zur Ausweitung von Repression und Polizeigewalt beigetragen, wie wir in unserem Flyer, den wir auf der Demo verteilten und hier zugänglich machen, darlegten:
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