Sonntag, 7. Februar 2016

Zwischen Sozialdemokraten und Wutbürgern

Am Mittwoch den 3. Februar 2016 fand in „Vronis Ratschhaus“, eine Begegnungsstätte und Wohlfühloase für alle Ingolstädter Bürger, eine Podiumsdiskussion zum Thema Asyl statt. Auf dem Podium waren vertreten die Schülerin Anja Stopfer, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert, die engagierte Helferin Elisabeth Reyna, welche mit minderjährigen Flüchtlingen ein Kochprojekt gestartet hat, sowie Hr. Schurer und Hr. Böhm, beide aus der SPD und entweder Mitglied des Bundestages oder des Ingolstädter Stadtrates. Eingeladen zu dieser Diskussion war jeder interessierte Bürger. Da dieses Thema im Moment die Massen bewegt kamen auch dementsprechend viele. Auch ein paar Genossen aus der LARA oder der KJI waren anwesend.
Die Veranstaltung startete mit einem kurzem Film über das Kochprojekt der Fr. Reyna und der Vorstellung des dabei entstandenen Buches. Daraufhin folgte eine kurze Statementrunde, in der jeder Podiumsteilnehmer auf die Fragen Hr. Schurers, welcher die Moderatorenrolle übernahm, antworten und seine Meinung klar darlegen konnte. Bereits hier fiel die äußerst konservative und vorsichtige Haltung Hr. Böhms auf. Auf Nachfrage nach seiner Meinung zu Aussagen von Horst Seehofer erklärte er, dass man sich im Stadtrat geeinigt habe, über dieses Thema nicht öffentlich zu sprechen. Und das in einer Demokratie, die vor allem von Transparenz lebt. Mehrfach betonte er außerdem, man dürfe das Volk nicht überfordern, man müsse Rücksicht nehmen auf diese „besorgten Bürger“ und versuchen alle Pegidioten in diese Sache einzubeziehen. Auf die Nachfrage eines Genossen, ob man denn dann auch den Mathematiklehrplan kürzen sollte, damit man die Mathematikschüler nicht „überfordere“ reagierte er mit Gelächter und tat diese Analogie dann ohne jede weitere Begründung als unzutreffend ab. Auch auf Nachfragen bezüglich des Jugoslawienkriegs oder der Debatte um „sichere“ Herkunftsländer reagierten die SPDler etwas gereizt. Lobend zu erwähnen ist jedoch, dass die beiden anderen Podiumsteilnehmer hier klare Position bezogen und die Frage nach „sicheren“ Herkunftsländern als unbeantwortbar betitelten.
Im Laufe der Debatte ging es dann viel um Ängste und den Begriff Flüchtling. Eine Russlanddeutsche erzählte von einem erlebten Trauma aus den 90er Jahren, als mehrere muslimische Männer in ihren Heimatort einfielen, sie bedrohten, Menschen töteten und sie schließlich zur Flucht zwangen, weswegen sie bis heute tiefe Abscheu gegenüber allen Muslimen hegt. Eine andere Frau, vermutlich aus der ehemaligen DDR wünschte sich eine striktere Unterteilung zwischen Flüchtling und Einwanderer, wobei der Flüchtling nur kurzzeitig in Deutschland ist und deswegen ja nicht integriert werden muss, während der Einwanderer zwar integriert werden sollte, er aber selber etwas dafür tun müsse. Dem Flüchtling steht deswegen nur die Befriedigung der physiologischen Grundbedürfnisse zu, während der Einwanderer sich um diese selber kümmern muss, dafür aber von der Gesellschaft mit offenen Armen empfangen werden sollte. Auf Kritik vonseiten der LARA oder der KJI wurde nicht mehr eingegangen. Hier wurde das Konzept des offenen Austausches und der Diskussionskultur dann auch vollkommen ad absurdum geführt. Anstatt eine Debatte zwischen den Gästen anzuregen und zu fördern wurde diese unterbunden. Stattdessen durfte man als Gast (gnädigerweise) einzelne Fragen stellen, die dann von den Podiumsmitgliedern beantwortet werden sollten (weit entfernt von einer idealen Sprechsituation nach Habermaß). Die Veranstaltung verkam somit zu einer Profilierungsveranstaltung von Parteifunktionären. Echte Probleme oder kritische Fragen wurden kaum angesprochen.
Auf die Nachfrage eines Genossen, warum man den PEGIDA jeden Montag die Straße überlässt, obwohl man sich einig ist, dass diese verfassungsfeindlich und rassistisch sind, wurde nur geantwortet, dass das Demonstrationsrecht das zulässt und das man in einem Rechtstaat (auch verfassungsfeindliche) Meinungsäußerung nicht verbieten darf. Zumindest gestand er ein, dass die Polizei sich auf solchen Demos oft falsch verhält. Wie genau das denn aber geändert werden sollte, darauf wusste er dann doch keine Antwort.

rs

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