Zwischen
Sozialdemokraten und Wutbürgern
Am Mittwoch den 3. Februar 2016 fand in „Vronis
Ratschhaus“, eine Begegnungsstätte und Wohlfühloase für alle
Ingolstädter Bürger, eine Podiumsdiskussion zum Thema Asyl statt.
Auf dem Podium waren vertreten die Schülerin Anja Stopfer, die sich
ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert, die engagierte
Helferin Elisabeth Reyna, welche mit minderjährigen Flüchtlingen
ein Kochprojekt gestartet hat, sowie Hr. Schurer und Hr. Böhm, beide
aus der SPD und entweder Mitglied des Bundestages oder des
Ingolstädter Stadtrates. Eingeladen zu dieser Diskussion war jeder
interessierte Bürger. Da dieses Thema im Moment die Massen bewegt
kamen auch dementsprechend viele. Auch ein paar Genossen aus der LARA
oder der KJI waren anwesend.
Die Veranstaltung startete mit einem kurzem Film über
das Kochprojekt der Fr. Reyna und der Vorstellung des dabei
entstandenen Buches. Daraufhin folgte eine kurze Statementrunde, in
der jeder Podiumsteilnehmer auf die Fragen Hr. Schurers, welcher die
Moderatorenrolle übernahm, antworten und seine Meinung klar
darlegen konnte. Bereits hier fiel die äußerst konservative und
vorsichtige Haltung Hr. Böhms auf. Auf Nachfrage nach seiner Meinung
zu Aussagen von Horst Seehofer erklärte er, dass man sich im
Stadtrat geeinigt habe, über dieses Thema nicht öffentlich zu
sprechen. Und das in einer Demokratie, die vor allem von Transparenz
lebt. Mehrfach betonte er außerdem, man dürfe das Volk nicht
überfordern, man müsse Rücksicht nehmen auf diese „besorgten
Bürger“ und versuchen alle Pegidioten in diese Sache
einzubeziehen. Auf die Nachfrage eines Genossen, ob man denn dann
auch den Mathematiklehrplan kürzen sollte, damit man die
Mathematikschüler nicht „überfordere“ reagierte er mit
Gelächter und tat diese Analogie dann ohne jede weitere Begründung
als unzutreffend ab. Auch auf Nachfragen bezüglich des
Jugoslawienkriegs oder der Debatte um „sichere“ Herkunftsländer
reagierten die SPDler etwas gereizt. Lobend zu erwähnen ist jedoch,
dass die beiden anderen Podiumsteilnehmer hier klare Position bezogen
und die Frage nach „sicheren“ Herkunftsländern als
unbeantwortbar betitelten.
Im Laufe der Debatte ging es dann viel um Ängste und
den Begriff Flüchtling. Eine Russlanddeutsche erzählte von einem
erlebten Trauma aus den 90er Jahren, als mehrere muslimische Männer
in ihren Heimatort einfielen, sie bedrohten, Menschen töteten und
sie schließlich zur Flucht zwangen, weswegen sie bis heute tiefe
Abscheu gegenüber allen Muslimen hegt. Eine andere Frau, vermutlich
aus der ehemaligen DDR wünschte sich eine striktere Unterteilung
zwischen Flüchtling und Einwanderer, wobei der Flüchtling nur
kurzzeitig in Deutschland ist und deswegen ja nicht integriert werden
muss, während der Einwanderer zwar integriert werden sollte, er aber
selber etwas dafür tun müsse. Dem Flüchtling steht deswegen nur
die Befriedigung der physiologischen Grundbedürfnisse zu, während
der Einwanderer sich um diese selber kümmern muss, dafür aber von
der Gesellschaft mit offenen Armen empfangen werden sollte. Auf
Kritik vonseiten der LARA oder der KJI wurde nicht mehr eingegangen.
Hier wurde das Konzept des offenen Austausches und der
Diskussionskultur dann auch vollkommen ad absurdum geführt. Anstatt
eine Debatte zwischen den Gästen anzuregen und zu fördern wurde
diese unterbunden. Stattdessen durfte man als Gast (gnädigerweise)
einzelne Fragen stellen, die dann von den Podiumsmitgliedern
beantwortet werden sollten (weit entfernt von einer idealen
Sprechsituation nach Habermaß). Die Veranstaltung verkam somit zu
einer Profilierungsveranstaltung von Parteifunktionären. Echte
Probleme oder kritische Fragen wurden kaum angesprochen.
Auf die Nachfrage eines Genossen, warum man den PEGIDA
jeden Montag die Straße überlässt, obwohl man sich einig ist, dass
diese verfassungsfeindlich und rassistisch sind, wurde nur
geantwortet, dass das Demonstrationsrecht das zulässt und das man in
einem Rechtstaat (auch verfassungsfeindliche) Meinungsäußerung
nicht verbieten darf. Zumindest gestand er ein, dass die Polizei sich
auf solchen Demos oft falsch verhält. Wie genau das denn aber
geändert werden sollte, darauf wusste er dann doch keine Antwort.
rs
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